Verlagshaus General-Anzeiger
Wiebke Tiedeken: Dieses Gebäude sticht zwischen den ganzen Gebäuden, an denen wir vorbeigekommen sind, besonders ins Auge, nicht nur wegen der auffälligen Farbe, sondern auch vor allem durch den altertümlichen Baustil mit dem hochthronenden Eingang.
Jule: Eyy Birthe, da würdest du mit deinen High Heels bestimmt nicht hochkommen!
Birthe: Da kennst du mich aber schlecht und außerdem - was habt ihr denn eigentlich alle gegen meine Schuhe?
Wiebke Tiedeken (lachend): Wie auch immer. Dieses Gebäude ist das Verlagshaus des General-Anzeigers, unserer heimischen Tageszeitung. Besonders stolz sind wir auf das beachtliche Alter von über 115 Jahren!
Hanna (grübelnd): Das ist aber ungewöhnlich…Ein Zeitungsverlag in so einem kleinen Ort…und das schon damals. Hier wohnten doch nicht viele Menschen, oder?
Wiebke Tiedeken: Damit hast du den Nagel auf den Kopf getroffen! Und tatsächlich druckte der Verleger Harm de Vries die erste Ausgabe dieser Zeitung in einer Scheune.
Laura: Echt? Bestimmt auch noch umgeben von Tieren, wie idyllisch!
Wiebke Tiedeken: Das zwar nicht, aber du hast Recht. In den ersten Jahren wurde die Zeitung unter sehr spartanischen Bedingungen produziert. Doch es war eine Sensation, dass es überhaupt eine Zeitung in so einem kleinen Ort gab. Nach 4 Jahren in der Scheune zog der Gründer des General Anzeigers im Jahr 1902 in das Haus um, vor welchem wir jetzt gerade stehen. Dies war der erste Meilenstein auf dem Weg zum Aufstieg der Zeitung. Allerdings verkaufte Harm de Vries den Verlag im Jahre 1922 an Wilhelm Albrecht.
Maren: Lief es mit der Zeitung doch nicht mehr so gut, ich dachte, sie würde sich gut verkaufen?
Wiebke Tiedeken: Das stimmt auch, die Zeitung durchlebte wirklich eine Glanzzeit. Den Grund für die Veräußerung wusste man tatsächlich nicht. Denn auch nachdem Albrecht Siebe Ostendorp als Vertriebs und Redaktionsleiter mit ins Boot holte, setzte sich die Erfolgsstory fort. So durchlebte der GA die goldenen 20er Jahre in einer Blütezeit.
Birthe: Wie oft erschien die Zeitung denn? Von meiner Lieblingsmodezeitschrift erscheint einmal wöchentlich eine neue Ausgabe.
Wiebke Tiedeken: Zunächst war dies beim GA auch so, aber durch die hohen Erlöse aus den Zwanzigern konnte man im Jahr 1929 nicht nur eine sechsmalige Wochenausgabe stemmen, sondern auch eine Vergrößerung des Verlagsgebäudes finanzieren. Im Jahr 1932 übernahm Siebe Ostendorp schließlich die komplette Leitung des General-Anzeigers, da sein Chef bzw. Partner Wilhelm Albrecht verstarb. Als im Jahre 1949 die Zeitung in Ostfriesland wieder erscheinen durfte, wurde am 27.10 des gleichen Jahres die erste Ausgabe des „Fehntjer Blattes“ herausgegeben. Zwei Jahre später wurde die Zeitung wieder in General-Anzeiger umbenannt, der auch der derzeitige Name unserer Heimatszeitung ist. Allerdings findet sich der Name ,,Fehntjer Blatt“ immer noch im Untertitel.
Birthe (flüsternd): Das ist wirklich eine ereignisreiche Geschichte, aber ich bleibe doch lieber bei meiner Modezeitung.“
Jule: Na, das war ja klar! (ironisch) Die ist ja auch viel informativer.
Birthe (erstaunt): Stimmt genau, ich wusste gar nicht, dass du die Zeitschrift ebenfalls liest.
Hanna: Oh, Birthe!